Telemann-Ausstellung eröffnet
5. Mai 2017
von JN — abgelegt in: Ausstellungen und Veranstaltungen — 2.346 Aufrufe
Streifzüge in der Stabi Hamburg.
Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zeigt als Beitrag zum diesjährigen Gedenken an den 250. Todestag Georg Philipp Telemanns vom 5. Mai bis 28. Juni einzigartige Dokumente zum fast 50jährigen Wirken dieses überragenden Komponisten in Hamburg, dessen Musik heute international wieder auf großes Interesse stößt.
Ausgehend von ihren eigenen reichhaltigen Beständen, sodann unterstützt durch Leihgaben des Staatsarchivs Hamburg, der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin und der Landesbibliothek in Eutin, wird von der Bibliothek ein unbedingt sehens- und kennenswertes Portfolio an selten oder noch nie gezeigten Schlüsseldokumenten zu Telemanns Wirken in der Elbmetropole entfaltet. Die rund 60 Exponate werden durch themenbezogene Informationstafeln und ausführliche Beschreibungen erläutert.
Unter dem Stichwort „Telemann als Konzertveranstalter“ ist beispielsweise zum ersten Mal überhaupt von fantasievoll gestalteten Einladungskarten zu erfahren, die Telemann aus einem Satz französischer Spielkarten herstellte, um damit den Hamburger Bürgermeister Nicolaus Schuback und/oder dessen Sohn, Ratssyndicus Jacob Schuback, zu einem Konzert im Drillhaus einzuladen (s. Abbildung 1/2). Gezeigt werden hier bewusst nur die Rückseiten, um die Neugierde für einen Besuch der Ausstellung zu erhöhen:
Unter dem Stichwort „Telemann und die Oper“ ist eine von mehreren Kopisten geschriebene Partitur der Telemannschen Adaption von Händels Oper „Poro, Re del Indie“ (HWV 28) zu sehen, die zur Vorbereitung der Aufführung an der Hamburger Gänsemarkt-Oper 1732 angefertigt wurde. Diese bislang nur von der Händel-Forschung zur Kenntnis genommene Abschrift dürfte durch nun entdeckte eigenhändige Eintragungen Telemanns (s. Abbildung 3) auch bei Telemann-Interessierten Aufmerksamkeit erregen.
Unter den Exponaten zu Telemanns Hamburger Kirchenmusiken ragt ein vollständiger Originalstimmensatz zu seiner Lukas-Passion von 1744 (TVWV 5:29) heraus, der sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Schwerin befindet. So wie in der Ausstellung zu sehen, wurde er von Telemanns Hamburger Musikern verwendet. Das geht nicht nur aus eigenhändigen Eintragungen von ihm hervor, sondern auch aus einem auf dem Exemplar der Violoncello- und Kontrabaßstimme hinterlassenen Bleistiftmonogramm „C.H.“ des Hamburger Ratsmusikanten Christian Hase (s. Abbildung 4).
Selbst zu scheinbar längst bekannten Dokumenten wie etwa Telemanns Brief an den in Wien lebenden Hamburger Gesandten Johann Richey (seit 1972 ediert in der Telemann-Briefausgabe) ist Neues zu erfahren: So mag man sich selbst davon überzeugen, dass Telemann gegenüber Richey nicht einen Musiker namens „Ziani“ erwähnt, sondern den Wiener Hofkapellmusiker Giovanni Antonio Piani (1678–1760), womit ein neuer Name im Korrespondentennetzwerk Telemanns auftaucht.
Die Ausstellung wirft für aufmerksame Besucher aber auch Fragen auf und motiviert somit vielleicht einzelne Besucher, nach Antworten zu fahnden. So sucht die Telemann-Forschung beispielsweise noch immer nach einem Exemplar des Auktionskatalogs zu dem 1769 durch Johann Dietrich Klefeker in Hamburg versteigerten Nachlass Telemanns, dessen Kenntnis von unschätzbarem Wert für die Beantwortung zahlreicher Fragen wäre. Ebenso ist die Lage von Telemanns Garten in Hamburg, zu dem in der Ausstellung ein kurzer Augenzeugenbericht des Naturforschers Christlob Mylius zu sehen ist, noch immer ungeklärt. Nicht nur aus gartenhistorischer Perspektive wäre hier ein Erkenntnisfortschritt wünschenswert.
Jürgen Neubacher