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Händel und Brahms: Bedeutende Ankäufe für die Musiksammlung der SUB

16. April 2024
von Mirijam Beier — abgelegt in: Aktuelles,Hamburg,Schätze der Stabi — 1.421 Aufrufe

Brahms Briefe Bei Auktionen der Londoner Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s gelangen der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg im November und Dezember 2023 zwei wichtige Ankäufe für ihre Musiksammlung. Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder ersteigerte die SUB eine Musikhandschrift mit den Chören aus Georg Friedrich Händels Messiah in unbekannter deutscher Übersetzung sowie autographe Briefe und Postkarten von Johannes Brahms an Friedrich Chrysander.

Die Musiksammlung der SUB Hamburg geht auf das Jahr 1659 zurück. In diesem Jahr übereignete der Hamburger Kantor und Kirchenmusikdirektor Thomas Selle der damaligen Bibliotheca Hamburgensis seine private Bücher- und Musikaliensammlung. Seitdem wurde die Musiksammlung stetig durch bedeutende Nachlässe und Sammlungen ergänzt. Nach dem Ankauf 1875 der mit zahlreichen Hamburgensien bestückten privaten Musikbibliothek des Händel-Forschers Friedrich Chrysander (1826‒1901) und der damit verbundenen Schenkungen der ehemals Händel’schen Direktionspartituren zu dessen Opern und Oratorien wurden die Musikbestände neu katalogisiert und fortan gezielt durch Neuerwerbungen ausgebaut. Unter diesen bedeutenden Direktionspartituren befindet sich u. a. auch diejenige zu dem Oratorium Messiah (https://resolver.sub.uni-hamburg.de/kitodo/HANShm282). 1958 erfolgte dann anlässlich der Feier des 125. Geburtstages Johannes Brahmsʼ auch die Gründung des Brahms-Archivs der SUB. Es beruht auf drei Säulen: dem vor 1958 bereits in der SUB befindlichen Brahms-Autographen, den Archivalien der sogenannten Brahms-Stiftung, die von Brahms’ Stiefbruder Fritz Schnack der Stadt Hamburg testamentarisch übereignet wurde, und zukünftig neu zu erwerbenden Brahms-Dokumenten. Heute zählt das Brahms-Archiv zu den vier größten Brahms-Sammlungen der Welt, neben derjenigen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, die den eigentlichen Brahms-Nachlass verwahrt, und den Sammlungen an der Library of Congress in Washington sowie dem Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck.

Messias-Chor dt.Text 24-35 Zuerst kam im November 2023 bei Christie’s eine Musikhandschrift mit den Chören aus Händels berühmten Oratorium Messiah unter den Hammer. Das Besondere an dieser Handschrift ist der Text: Dieser liegt hier in einer bisher unbekannten deutschen Übersetzung des ursprünglich englischen Textes vor. Das Oratorium Messiah gehört aufgrund seiner ununterbrochenen Rezeptionsgeschichte zu den zentralen und weltweit bedeutendsten Werken europäischer Chormusik und damit zu einem Standardstück des Repertoires. Der berühmte Hallelujah-Chor hat darüber hinaus auch vielfach Eingang in die Populärkultur gefunden.

Messias-Chor dt.Text 24-20Das Oratorium wurde erstmals 1742 in Dublin aufgeführt und stellte den Höhepunkt in Händels Dubliner season 1741/42 dar. Es folgten zunächst Aufführungen in London, aber schon bald auch solche außerhalb des englischen Sprachraums: In Hamburg sorgte zunächst Michael Arne 1772 für die erste Aufführung des Oratoriums in der Stadt mit englischem Text und schon drei Jahre später C. P. E. Bach für die erste Aufführung in deutscher Übersetzung, die Christoph Daniel Ebeling und Friedrich Gottlieb Klopstock gemeinschaftlich anfertigten. Weitere Übersetzung zu Aufführungen in anderen deutschen Städten, etwa von Johann Gottfried Herder für die Aufführung in Weimar 1781 oder Johann Adam Hiller in Berlin und Leipzig 1786 folgten. Die von der SUB Hamburg angekaufte Handschrift weist dagegen einen Text auf, der mit keiner der bekannten Übersetzungen übereinstimmt und somit für die weitere Erforschung der Rezeptionsgeschichte dieses außerordentlichen Werks von großer Bedeutung ist.

Der zweite bedeutende Ankauf ergänzt die Korrespondenzen des Brahms-Archivs um ein weiteres Briefkonvolut: Hierin befinden sich 44 Schriftstücke des in Hamburg geborenen Komponisten Johannes Brahms an den in Bergedorf ansässigen Musikgelehrten und -philologen Friedrich Chrysander. Chrysander gab von Bergedorf aus u. a. die erste Händel-Gesamtausgabe heraus und arbeitete mit Brahms bei verschiedenen Editionsvorhaben zusammen. Die erworbenen Schriftstücke dokumentieren ausschnittsweise diese Zusammenarbeit und beleuchten damit nicht nur das Verhältnis zweier wichtiger Persönlichkeiten der deutschsprachigen Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts, sondern auch die Frühzeit der Musikphilologie. Diese bedeutenden Dokumente der deutschen und europäischen (Musik-)Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts werden durch den Ankauf erstmals durch eine öffentliche Institution zugänglich gemacht. Ein Beitrag von Alexander Lotzow mit Transkriptionen eines Großteils dieses Briefkonvoluts wird demnächst im Hamburg Yearbook of Musicology erscheinen.

Brahms Briefe

 

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