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Die Bibliothek der Jüdischen Gemeinde bekommt Besuch

29. Juni 2015
von Redaktion — abgelegt in: Aktuelles,Hamburg — 1.588 Aufrufe

Von Maria Kesting.

Die Bibliothek der Jüdischen Gemeinde bekommt Besuch

Auch in diesem Jahr haben im Rahmen des Besuchsprogramms für ehemalige jüdische Hamburger Bürgerinnen und Bürger 20 Interessierte aus den USA, Großbritannien und Israel die Staats- und Universitätsbibliothek besucht. Die Stabi war zum zweiten Mal ein Programmpunkt in dem seit langem existierenden Besuchsprogramm.

Über 4.500 ehemalige Hamburger und Hamburgerinnen haben ihre alte Heimatstadt auf diese Weise wieder besucht. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden sie und ihre Familien bedrängt und verfolgt, deportiert. Selbst da, wo die Flucht rechtzeitig gelang, und das Leben der Familien gerettet werden konnte, bleiben doch zerstörte Lebensläufe zurück. Vor allem dann, wenn nach der Rückkehr, gleich nach Kriegsende, wieder Ausgrenzung erfahren wurde, wie ein Besucher berichtet. Den Rückkehrern wurde mit Misstrauen begegnet, hatten doch viele Hamburger sich auf den sogenannten Judenauktionen am Besitz der Verfolgten bereichert. „Die einfachen Hausfrauen auf der Veddel trugen plötzlich Pelzmäntel“, erinnert sich eine Hamburgerin1. Vielen Bürgern wurde angesichts der Rückkehrer klar vor Augen geführt, was für ein verbrecherisches Regime sie unterstützt, geduldet, hingenommen hatten. Dass viele der Zurückgekehrten Hamburg nach solchen Erfahrungen endgültig den Rücken kehrten, ist nur zu verständlich. Eher verwundert es, dass überhaupt jemand nach Deutschland zurückgekommen ist. Ein Besucher hat nun zum ersten Mal seit über 60 Jahren wieder den Schritt nach Hamburg gewagt.

Es freut uns sehr, dass wir den Gästen einen Einblick in die historische jüdische Gemeindebibliothek geben konnten. Dass es die 1938 beschlagnahmte Bibliothek heute überhaupt noch gibt, grenzt an ein Wunder. 1939 ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin transportiert, von dort aus in ein Ausweichlager der Staatsbibliothek Hamburg verbracht und auf wundersame Weise 1957 zur Jüdischen Gemeinde nach Hamburg zurückgekehrt – gleicht ihr Schicksal dem vieler Verfolgter. Es gibt die Bibliothek noch, aber sie ist beschädigt und nicht mehr ganz komplett, ein Teil ihres „Lebens“ wurde ihr geraubt.

Da die Gemeindebibliothek momentan noch nicht repräsentativ aufgestellt ist und wir den Gästen nicht die engen Gänge im Bücherturm zumuten wollten, haben wir ausgewählte Stücke in den Konferenzraum gebracht. Für diese haben Frau Marquardt und Frau Renner Beschreibungen auf Englisch verfasst, die seitens der Besucher mit großem Interesse gelesen wurden und zu manchem Gespräch führten.

Wir freuen uns auf die Besucher des nächsten Jahres.

  1. www.spiegel.de/spiegel/print/d-7809630.html []

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