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Eine Heimat für Hans Sternheims geraubte Bücher

19. August 2024
von Redaktion — abgelegt in: Aktuelles — 1.779 Aufrufe

Erbin bestimmt SUB Hamburg als Restitutions-Empfängerin.

Von Anneke de Rudder.

Exlibris Sternheim Aus München kommt Zuwachs für den Nukleus der in der NS-Zeit auseinandergerissenen Privatbibliothek Hans Sternheims: 1939 hatte der als Jude verfolgte Buchdruckereibesitzer unter Druck seine Büchersammlung verkaufen müssen. Nun ist ein weiteres Buch daraus aufgetaucht – und als NS-Raubgut an die Stabi restituiert worden.

Der Hintergrund: 2019 gab die Stabi Hamburg sechs Bücher an Sternheims Enkelin Ingrid Mertens zurück. In einer großzügigen Geste schenkte sie damals unserer Bibliothek die restituierten Bücher ihres Großvaters. Darüber hinaus legte Ingrid Mertens fest, dass wir auch in Zukunft Empfängerin für alle Sternheim-Restitutionen sein sollten. Die Bücher sind an einem kleinen Exlibris zu erkennen, das vor der Kulisse des Berliner Lustgartens die Namen von Ida Marie und (in ungewöhnlicher Schreibweise) „Hanns“ Sternheim zeigt.

Hans Sternheim war ein Berliner Buchdruckereibesitzer, er liebte und sammelte Bücher – und er war ein Patenkind von Theodor Fontane, einem guten Freund seiner Eltern. 1939 hatte er sich unter dem Druck der NS-Verfolgung von großen Teilen seiner wertvollen Bibliothek trennen müssen, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. Die Stabi kaufte 1939 im Handel eine Reihe von Büchern, die auf diesen Notverkauf zurückgingen und damit NS-Raubgut darstellen. 1942 wurde Hans Sternheim zusammen mit seiner Frau Ida von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet.

HANS UND IDA STERNHEIM

Die fast 90-jährige Erbin Ingrid Mertens, die als Kind noch mit ihren Großeltern zusammengelebt hatte, erklärte anlässlich der Rückgabe der Bücher 2019: „Ich möchte diese Bände und auch alle eventuell in Zukunft noch auftauchenden Bücher von Hans Sternheim der Bibliothek als Geschenk überlassen.“ Unsere Sternheim-Bände sind seitdem durch Einleger in den Büchern und Einträge im Bibliothekskatalog für alle Nutzer:innen als NS-Raubgut zu erkennen.

Ingrid Mertens bei der Unterschrift des Schenkungsvertrages

2022 starb Frau Mertens nach einem langen und erfüllten Leben in Berlin. Im Sommer 2023 bekam die SUB eine Anfrage der Bibliothek der TU München, die eine Rembrandt-Biographie aus Hans Sternheims Sammlung in ihren Beständen entdeckt hatte.

Rembrandt-Biographie Es stellte sich heraus, dass der schmale Band aus derselben Quelle kam wie die Bücher der SUB. Die Münchener Kolleginnen wollten das Buch gern als NS-Raubgut an die rechtmäßigen Erben Hans Sternheims zurückgeben. Rasch wurde ein Kontakt zu Ingrid Mertens‘ Nachlassverwalter hergestellt. Wie war der Satz von Frau Mertens aus dem Jahr 2019 zu verstehen? Sollten wirklich alle Bücher Hans Sternheims ab jetzt an die SUB restituiert werden? Die Antwort des Nachlassverwalters war eindeutig: „Alle noch auftauchenden Bücher, die dem Großvater Sternheim zuzuordnen sind, egal wo sie auch immer auftauchen werden, sind dem Eigentum der Staatsbibliothek zuzuführen. Ich freue mich sehr, dass ich Ihnen diese Mitteilung im Geiste von Ingrid Mertens erbringen darf.“

Wir sind sehr dankbar für das Vertrauen, das uns hiermit entgegengebracht wird. Und wir freuen uns, dass die SUB Hamburg nunmehr offiziell die Heimat für die Rembrandt-Biographie ist – und für alles eventuell noch auftauchende NS-Raubgut aus der Sammlung Hans Sternheim. Leider wird seine seit 1939 weit zerstreute Bibliothek nie wieder komplett zusammengesetzt werden können. Aber ein erster Anfang ist gemacht. Und wer in Zukunft ein Buch mit dem Sternheim-Exlibris findet, möge sich gern bei uns melden!

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