Alles abgekupfert! Die Kupferstichsammlung der Stabi Hamburg ist online
15. Mai 2024
von Markus Trapp — abgelegt in: Aktuelles,E-Medien,Hamburg — 1.765 Aufrufe
Die sieben Tugenden in allegorischer Darstellung, der Kreislauf des menschlichen Daseins als unausweichliche Schicksalsabfolge oder antike Mythen als zeitlose Wahrheiten – die Kupferstichsammlung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg birgt in etwa 3200 Blättern aus dem 15. bis 19. Jahrhundert eine große inhaltliche Breite und stellt damit einen weitgehend unerforschten Schatz für die kunsthistorische Forschung und Lehre dar. Dieser Bestand ist jüngst in einem sechsjährigen Projekt vollständig katalogisiert und digitalisiert worden.
Im Portal Hamburger Kulturgut Digital können nun erstmals alle Stiche der Sammlung online recherchiert, betrachtet und heruntergeladen werden. Auch ins Graphikportal, eine internationale kunsthistorische Fachdatenbank für Zeichnungen und Druckgraphik, werden die Digitalisate und Daten ausgespielt, um sie für die sammlungsübergreifende Recherche zur Verfügung zu stellen.
Die Kupferstichsammlung in der Hamburger SUB geht zurück auf den Philologen Johann Christian Wolf, der ab 1725 Professor am akademischen Gymnasium war und 21 Jahre später auch die Leitung der Bibliothek übernahm. Sie wurde zudem durch weitere Stiftungen und Vermächtnisse ergänzt, nicht zuletzt durch den Senator Johann Georg Mönckeberg und den Porträtmaler Christoffer Suhr, die beide im Jahr 1842 verstarben. Auf diese Weise stellt die Kollektion auch ein eindrucksvolles Zeugnis für das Kunst- und Sammelinteresse des Hamburger Bürgertums jener Zeit dar. Die historische Sammlungsstruktur bildet sich in einem handschriftlichen Katalog aus dem 19. Jahrhundert ab, der bis in die 2000er Jahre den einzigen Nachweis der enthaltenen Kupferstiche darstellte.
Im Zuge der Beschäftigung mit dem Sammlungsbestand der SUB wurden sehr seltene Abzüge und zuvor nicht dokumentierte Bearbeitungen von Kupferstichen entdeckt. Unter den ältesten Blättern der Sammlung befinden sich Druckgraphiken von Albrecht Dürer und Lucas Cranach und es finden sich zahlreiche weitere namhafte Künstler:innen vor allem der italienischen, niederländischen, deutschen und französischen Schule darin.
Die Erfassung aller Blätter und ihre kunsthistorische Bestimmung stellten eine besondere Herausforderung dar, waren doch in vielen Fällen die Personen, die etwa als Stecher:innen oder Verfasser:innen von lateinischen Inschriften und Begleittexten die Kunstwerke erschufen, ebenso wie die jeweiligen Zustände und Abzüge der Graphiken nur durch aufwändige Recherche zu ermitteln. So ist es besonders der Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das die erste Projektphase finanziell unterstützte, und der engen Zusammenarbeit mit dem Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg zu verdanken, dass das umfangreiche Vorhaben nun zum erfolgreichen Abschluss geführt werden konnte.
In mehreren Lehrprojekten von Frau Prof. Dr. Iris Wenderholm wurden auch Studierende an der Erschließung der Stiche beteiligt. Sie konnten damit eigene Erfahrungen im Umgang mit figurativen Originalgraphiken sammeln und zudem durch ihre Recherche wichtige Beiträge zur Datierung und Identifikation der Kupferstiche leisten. Diese erprobte Kooperation wurde mittlerweile auf weitere graphische Sammlungen der SUB ausgedehnt und mündet in einem Ausstellungsprojekt zu einem barocken Zeichnungskompendium, das im Herbst 2024 gemeinsam mit der Hamburger Kunsthalle präsentiert werden wird.
Link zur Sammlung: https://digitalisate.sub.uni-hamburg.de/kupferstichsammlung