Zum 1. Mai, dem Tag der Arbeit…
30. April 2018
von MEM — abgelegt in: Schätze der Stabi — 2.024 Aufrufe
…bzw. der Arbeiterbewegung, ein Beitrag aus der Reihe «Streifzüge in der Stabi» zu „Arbeit in vormoderner Kunst und Manuskriptkultur“.
Bis Arbeit neutral und im profanen Kontext dargestellt wurde, sollte einige Zeit vergehen. Denn mit Blick auf das Mittelalter spiegelt die Arbeit einerseits ein Ideal des Benediktinerordens wider, bekannt in der Kurzform „ora et labora“ – bete und arbeite. Bei den Benediktinern wurde unter „labor“ manuelle Arbeit und damit ein Teil des Tagwerks verstanden, das durch Gebet und Arbeit rhythmisiert wurde.
Prinzipiell eher positiv bewertet und von manchen als Keim einer Lebensform betrachtet, die trotz gegenteiligem mönchischem Ideal meist zu Besitz und Reichtum führte, ist dies nur die eine Seite der Medaille. Denn andererseits haben sich die ältesten Darstellungen von Arbeit nur aus biblischem und religiösem Kontext erhalten, also etwa die Illustration der „Ersten Arbeiten“, welche Adam und Eva nach dem Sündenfall ausführen mussten wie an den Hildesheimer Bronzetüren (Abb. 2; um 1020) oder der Bau der Arche Noahs und der Turmbau zu Babel wie hier bei den Elfenbeintäfelchen, die zu einem Altarantependium im süditalienischen Salerno gehören und im 9. Jahrhundert entstanden sind (Abb. 3, 4).
Durch den Tenor der biblischen Textgrundlage schwingt automatisch ein negativer Hintergrund mit wie Arbeit als Konsequenz des Sündenfalls, Arbeit als Werkzeug um ein Werk der Hybris wie den genannten Turm zu errichten oder Arbeit, um dem Untergang der Welt durch die Sintflut zu entgehen. Dass Arbeit zum eigenen Bildthema werden konnte wie zum Beispiel in der Malerei des 19. Jahrhunderts, hängt u.a. neben kulturell-gesellschaftlichen Ursachen wie der Verteilung von Besitz und dem sozialen Status der potentiellen Auftraggeber auch mit der Funktion von Kunst allgemein zusammen.
In der Ausführungszeit des hier gezeigten Psalters Cod. in scrin. 83 hatte Kunst jedoch immer zuvorderst eine christliche oder moralische Aussage zu verdeutlichen. Im Kalendarium dieser Handschrift, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts in Köln oder Umgebung ausgeführt wurde, ist die Darstellung von verschiedenen jahreszeitlich typischen Arbeiten Teil eines (gottgefälligen) Jahreszyklus (Abb. 1, 5). So zeigt das Kalenderblatt für den Februar das Umgraben der Erde, das Kalenderblatt für den Oktober das Zerstampfen der Weintrauben. Der Buchmaler ließ bei der Gestaltung durchaus eigenen Witz und Esprit einfließen. Denn obwohl bei solchen Kalenderdarstellungen die Bildtradition relativ fest eingewurzelt und weit verbreitet war, setzte er eigene Schwerpunkte: Dass der Traubenstampfer sich den Schweiß abwischt und sichtlich unter den Mühen stöhnt, ragt weit über die zeitgenössischen Darstellungsgepflogenheiten dieses Sujets hinaus.
Für die Digitalisate der Stabi Hamburg: http://digitalisate.sub.uni-hamburg.de/handschriften.html