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„Dem Fernand Jellinek-Mercedes sein Buch“.

3. Januar 2017
von Redaktion — abgelegt in: Aktuelles — 2.668 Aufrufe

Von Maria Kesting.

Exlibris Raoul Fernand war der Sohn von Emil Jellinek und einer aus Algier stammenden Sephardin. Raoul wurde 1883 in Algier geboren. Sein Vater war ein wohlhabender Geschäftsmann und später Berater der Daimler-Motorengesellschaft. Nach seiner Tochter, also Raouls Schwester Mercedes, wurde übrigens das gleichnamige Automobil benannt. 1903 änderte die inzwischen in Baden bei Wien lebende Familie ihren Nachnamen in Jellinek-Mercedes.

Dank des väterlichen Erbes besaß Raoul neben einer großen Musikaliensammlung, eine Gemäldesammlung sowie eine wertvolle Bibliothek.

Wegen seiner jüdischen Herkunft war er nach dem „Anschluss“ Österreichs zunehmender Verfolgung und finanzieller Repression ausgesetzt. Seine Konten wurden aufgrund der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ vom 18. Mai 1938 eingefroren. Um sich und seine Familie ernähren zu können, war er gezwungen, immer wieder Stücke aus seinen Sammlungen unter Wert zu verkaufen, Bücher z.B. an Buchhändler und Antiquariate.

Welchem Druck die Familie ausgesetzt war, beschreibt seine Witwe 1958 „ Am 10. Februar erschoss sich mein Gatte nach einer Amtshandlung des Vollstreckungsbeamten. Mein Gatte stand vor der Verhaftung. Ich musste nach meinem Gatten an Judenvermögensabgabe 32.000 RM bezahlen. Um diese enorme Summe aufzubringen musste ich die überaus kostbare Bibliothek, die einzigartige Partitursammlung und mein Grundstück in Baden …, ferner Schmuck und fünf sehr wertvolle Perserteppiche, weit unter Wert veräußern.“1

Ein Teil seiner Bibliothek ist über die Buchhändler und Antiquariate auch an Bibliotheken weiterverkauft worden. Durch die Provenienzforschung, die inzwischen an einigen Bibliotheken betrieben wird und unrechtmäßig in diese gekommene Bestände ermittelt, sind Bände in Wien, Essen, Leipzig, Rostock, München, Berlin und in der Stabi Hamburg gefunden worden. Erkennen kann man sie leicht an ihrem Exlibris. In einem Oval sitzt ein Narr mit einer Eule, darunter steht: Dem Fernand Jellinek-Mercedes sein Buch“.

Nachdem 2003 die Stadtbibliothek Essen, in der ca. 1000 Musikalien aus der Bibliothek Jellinek-Mercedes 1939 angekauft worden waren, mit den Erben eine „faire und gerechte Lösung“ gefunden hatte, konnten nun andere Bibliotheken nachziehen. Zunächst restituierten die Universitätsbibliotheken Wien und Leipzig Bücher an die Familie. Nun geben die Bibliothek Rostock und die Stabi Hamburg Bücher zurück. Aus unserer Bibliothek sind das:

Ein Köchelverzeichnis von 1905, 3 Hefte der Satirezeitschrift Pfefferkörner der Jahre 1831 und 32, und eine schön bebilderte Ausgabe von Don Juan ou la commédie du siècle von Jean Aicard aus dem Jahr 1896.

„Eine solche Restitution kann keine Wiedergutmachung sein, und ist dennoch wichtig denn: Unsere Familie ist sich bewusst, dass jede Art der Wiedergutmachung oder Restitution nur eine Geste sein kann, aber diese Geste ist definitiv ein Zeichen des Bewusstseins, dass Unrecht geschehen ist und als Familie nimmt man diese Geste gerne und dankbar an,“ so die Erbin.

Restituierte Bücher


https://ub.meduniwien.ac.at/fileadmin/ub/Service_PDF/Dossier_PDF/Restitutionsdossier_03_Jellinek_Mercedes.pdf

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