Vortrag: 70 Jahre Haager Konvention: Kulturgut zwischen Zielscheibe und Schutz (17.9.)
4. September 2024
von Markus Trapp — abgelegt in: Ausstellungen und Veranstaltungen — 721 Aufrufe
Dienstag, 17.9., 18 Uhr, Vortragsraum.
Matthias Wehry, Präsident von Blue Shield Deutschland, spricht über die Geschichte der Kulturgutzerstörung und die Haager Konvention für den Schutz von Kulturgut.
Als im Hamburger Feuersturm in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1943 große Teile der Stadt brannten, wurde die Bibliothek der Hansestadt Hamburg fast vollständig zerstört. Die heutige Staats- und Universitätsbibliothek verlor in kürzester Zeit 700.000 ihrer 850.000 Bände. In ganz Europa verloren Bibliothek, Archive und Museen im Zweiten Weltkrieg in großem Umfang wertvolles Kulturgut.
Nach den massiven Zerstörungen von Kulturgütern im Ersten und im Zweiten Weltkrieg wurde am 14. Mai 1954 die Haager Konvention für den Schutz von Kulturgut in bewaffneten Konflikten verabschiedet. Die Bundesrepublik Deutschland ratifizierte die Konvention als völkerrechtliche Grundlage für den Kulturgutschutz in bewaffneten Konflikten im Jahr 1967.
Die Haager Konvention folgt der Überzeugung, dass „jede Schädigung von Kulturgut“, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem Volk oder Nation, „eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit“ bedeutet. Sie fordert, dass „die Erhaltung des kulturellen Erbes für alle Völker der Welt […] unter internationalen Schutz zu stellen ist“. Immer wieder aber wir Kulturgut in bewaffneten Konflikten gezielt zerstört. Dabei werden neben Denkmälern, historischen Gebäuden und Museen auch Bibliotheken zum Ziel. Prominente Beispiele dafür waren in den 1990er Jahren während des Bosnienkrieges die Bibliothek von Sarajewo, vor 20 Jahren die Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan und vor etwas mehr als zehn Jahren die Bibliotheken von Timbuktu in Mali. Jüngst wurde Kulturgut in der Ukraine gezielt durch russische Angriffe zerstört, darunter ebenfalls zahlreiche Bibliotheken.
Angesichts der Bedrohung von Kulturgut durch Kriege, Klimawandel und Katastrophen ist es dringend notwendig, die Diskussion um die Umsetzung der Haager Konvention im 70. Jubiläumsjahr gemeinsam mit den am Kulturgutschutz beteiligten Sammlungseinrichtungen, zivilen Behörden und Verbänden sowie militärischen Stellen neu zu führen. Die Haager Konvention enthält zwei Vorgaben: Zum einen müssen die Vertragsstaaten bereits in Friedenszeiten geeignete Maßnahmen im militärischen und im zivilen Bereich ergreifen, um Kulturgut im Falle eines bewaffneten Konflikts zu sichern. Dazu kann auch die Erstellung von Verzeichnissen der geschützten Kulturgüter gehören und deren Kennzeichnung mit dem blauweißen Emblem der Haager Konvention. Zum anderen müssen die Streitkräfte in einem bewaffneten Konflikt Kulturgut respektieren und bei der Operationsplanung berücksichtigen. Diebstahl, Plünderung oder Zerstörung sowie die Beschlagnahme von Kulturgut sind verboten.
Blue Shield setzt sich als internationale Organisation weltweit für den Kulturgutschutz in Krisen und Kriegszeiten ein. Im Zweiten Protokoll der Haager Konvention ist Blue Shield als Beratungsorganisation aufgeführt. Blue Shield Deutschland ist das Nationalkomitee von Blue Shield International, versteht sich als Anwalt für den Schutz des kulturellen Erbes und setzt sich für die verstärkte Implementierung der Haager Konvention, insbesondere in Deutschland ein.