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Stabi-Schätze: Was Sie alles (nicht) sahen im Adventskalender des NDR

8. Dezember 2010
von AP — abgelegt in: Schätze der Stabi — 7.076 Aufrufe

NDR-Mediathek Adventskalender Am 2. Dezember öffnete sich das Adventstürchen des Hamburg-Journals des NDR: Mit einem wunderbaren Beitrag über die Schätze der Stabi. Gezeigt wurde die Weihnachtsinitiale mit Christi Geburt aus einem fragmentarisch erhaltenen Prachtlektionar aus dem 13. Jahrhundert – und wunderbare Blumen- und Obstdarstellungen aus dem berühmten Moller-Florilegium von Hans Simon Holtzbecker. Sie können diesen Beitrag in der NDR-Mediathek sehen.

Was leider nicht gezeigt wurde, war unsere jüngste antiquarische Erwerbung: die deutsche Ausgabe der Schedelschen Weltchronik. Die Chronik gehört zu den bedeutendsten Drucken des 15. Jahrhunderts und ist die illustrationsreichste deutsche Inkunabel. Lesen Sie in der Folge Details zu den Schätzen der Stabi, die im Filmbeitrag zu sehen waren und erfahren Sie Wissenswertes zu unserer neuesten antiquarischen Erwerbung.


Gezeigt wurde zum einen die Weihnachtsinitiale mit Christi Geburt, die zu einem leider nur fragmentarisch erhaltenen Prachtlektionar aus der Mitte des 13. Jahrhunderts gehört, das vermutlich für die reiche und bedeutende Zisterzienserinnenabtei Altmünster in Mainz hergestellt wurde. Enthalten sind Lesungstexte für Ostern, Weihnachten, Himmelfahrt Mariens, Pfingsten und den Ersten Advent. Die Malereien der vier erhaltenen Bildinitialen werden derselben Werkstatt und sogar demselben Maler zugeschrieben wie das berühmte Goldene Mainzer Evangeliar des Mainzer Doms. Die mittelalterliche Handschrift war mit höchster Wahrscheinlichkeit im Besitz des Frankfurter Patriziers und Bibliophilen Zacharias Conrad Uffenbach (1683-1734) und ist Mitte des 18. Jahrhunderts durch die eifrigen Buchkaufaktivitäten der Hamburger Gelehrten und Brüder Johann Christoph und Johann Christian Wolf in die Hansestadt und wenig später in deren Stadtbibliothek gelangt.

Das gezeigte Blumen- und Obstbuch des einstigen Hamburger Bürgermeister Barthold Moller (1605-1667) gehört zu den ursprünglich fünf Bänden des in Fachkreisen so genannten Moller-Florilegiums. Die Stabi konnte 1999 und 2000 zwei Bände erwerben. Ein dritter Band befindet sich in einer amerikanischen Sammlung, zwei bleiben weiterhin verschollen. Insgesamt enthielten die fünf Bände vermutlich 450 bis 500 Pergamentseiten mit etwa 1.000 Pflanzenabbildungen. Die naturgetreuen Malereien von Blumen, Ziersträuchern und Fruchtgehölzen, deren Farben bis heute kaum an Frische und Glanz verloren haben, stammen aus der Hand des Hamburger Malers Hans Simon Holtzbecker (gest. 1671). Er war es auch, der die berühmten Blumenbücher des Gottorfer Hofes gemalt hatte.

Titel Schedelsche Weltchronik Teil der Europakarte mit Hamburg

Nicht gezeigt wurde leider unsere jüngste antiquarische Erwerbung: die deutsche Ausgabe der Schedelschen Weltchronik. Die Chronik gehört zu den bedeutendsten Drucken des 15. Jahrhunderts und ist die illustrationsreichste deutsche Inkunabel. Über 1.800 Holzschnitte schmücken die biblischen und profanen Geschichtsschreibungen sowie die Beschreibungen von Städten und Ländern Europas. Sie war eines der Großprojekte dieser Zeit.

Stadtansicht Lübeck (Druckzentrum des Nordens in der Inkunabelzeit)

In nur etwa anderthalb Jahren entstanden sowohl die lateinische Ausgabe (Juni 1493) als auch die deutsche Ausgabe in der größten deutschen Offizin (15-20 Pressen) der Zeit, bei dem Nürnberger Drucker und Geschäftsmann Anton Koberger (um 1440-1510). Benannt ist der Druck nach dem Initiator und Verfasser, dem Nürnberger Stadtphysikus Hartmann Schedel (1440-1514). Ursprünglich war sie im Besitz des berühmten Hamburger Gelehrten und Sammlers Michael Richey (1678-1761; nach ihm benannt sind die Richeystraße in Barmbek-Nord und der Richeyweg in Stade).

Richey-Besitzeintrag von 1737 auf Blatt 2 der Chronik Richey war ein Patriot und einer der eifrigsten Hamburgensien-Sammler seiner Zeit. Seine Sammlung an v.a. hamburgischen Gelegenheitsgedichten sind Grundstock der heute über 3.700 Stücke umfassenden Gedichtsammlung der Commerzbibliothek der Hansestadt. 1715 war er Mitbegründer der „deutschübenden Gesellschaft“, der Vorgängerin der Patriotischen Gesellschaft von 1765. Seit 1717 wirkte Richey als Lehrer der griechischen Sprache und der Geschichte am Akademischen Gymnasium, bekleidete in seiner 44 Jahre andauernden Tätigkeit als Schulmann siebenmal das Rektorat. Richey hatte großen Einfluss auf das geistige Leben Hamburgs und sowohl als Dichter (im Kreise Brockes’ und Hagedorns) als auch als Gelehrter und eben Büchersammler Vorbildfunktion. Über die Größe der einstigen Richeyschen Bibliothek gibt ausführlich der vier Bände umfassende Auktionskatalog aus dem Jahr 1763 Auskunft. Darin ist im 3. Band, S. 36 unter der Nr. 39 auch die hier erwähnte Schedelsche Weltchronik verzeichnet. Richeys Bibliothek gehörte zu den größten Hamburger Privatbibliotheken des 18. Jahrhunderts. Einige, wenige Bände der Richeyschen Bibliothek haben die Brände und Kriegskatastrophen der Stadt überdauert und werden noch heute in der Stabi aufbewahrt.

Der Erwerb dieses Bandes aus einer amerikanischen Privatsammlung hat somit auch einen hohen ideellen Wert für die Geschichte der Hamburger literarischen Welt und ist eine große Bereicherung für die Sondersammlungen der Stabi.

3 Antworten zu “Stabi-Schätze: Was Sie alles (nicht) sahen im Adventskalender des NDR”

  1. Thea Heinen sagt:

    Auf der Mediathek des NDR ist der Beitrag nicht mehr zu finden.
    Können Sie den vielleicht auch hier auf der Website posten?

  2. MJGT sagt:

    @Thea Heinen: Wir haben in der Vorwoche bei der Lizenzabteilung des NDR angefragt, ob wir den Bericht hier veröffentlichen dürfen. Eine Antwort steht noch aus.

    Viele Grüße
    Markus Trapp

  3. Marlene Grau sagt:

    Liebe Interessenten, die Lizenzabteilung hat uns leider eine Absage erteilen müssen.
    Beste Grüße,
    Marlene Grau

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